Heimatkreis Rummelsburg in Pommern



Kamnitz

 
 



Allgemeines:
Kamnitz war ein Gutsdorf im südwestlichen Kreis Rummelsburg, zwischen Groß Volz und Papenzin gelegen. Die nächste Bahnstation befindet sich – auch heute noch - in Kaffzig. Letzter deutscher Bürgermeister bis 1945 Gustav Berg, im Jahr 1945 Otto Schlicht. Es gab eine Gaststätte: Janczikowski und zwei Kolonial- bzw. Gemischtwarenhändler: Pinke und Janczikowski, zwei Schneider: Hermann Mietschke und Reinhold Bartz. Die Schule war ein Klinkerbau und zweiklassig. Letzter Lehrer: Raddatz. Frühere Lehrer: August Bellmann, Emil Nitz, Sühnram, Fischer und Mundt. Kamnitz war nach Groß Schwirsen eingepfarrt, wo auch die Kirche stand, hatte aber einen eigenen Friedhof am Landweg zwischen Kamnitz und Alter Mühle. Es gab eine Freiwillige Feuerwehr und ein Spritzenhaus am Gutshof, ausgerüstet mit einem LKW mit Motorspritze. Letzter Feuerwehrhauptmann: Walter Schmidke (Vorgänger war Otto Reich). Der Gendarmerieposten befand sich in Hanswalde, später in Klein Volz. Die Bewohner versorgten sich über Brunnen und Pumpen mit Frischwasser. Anschluss an das Stromnetz vor 1930 (E-Werk Beßwitz).einschließlich der Abbauten außer Eselskaten. Es gab einen Sportplatz (Rasenplatz) an der Straße nach Papenzin. Kamnitz gehört heute zur Gemeinde Rummelsburg (Miastko) im Kreis Bütow. Das ehemalige Gutshaus Hasslacher ist eine Ruine und unbewohnbar.


Kamnica war  bis 1989 ein Dorf, in dem eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (PGR) existierte. Danach lag viel Ackerland lange brach, bis Polen in die EU kam und es sich wieder gelohnt hat. Ackerland zu bewirtschaften. Ob dort ein Landwirt oder mehrere das Feld bewirtschaften, ist nicht bekannt. Das schöne Gutshaus in Kamnitz wurde1989 von einer privaten Person gekauft. Diese Person ist nach ein paar Jahren verstorben und es stellte sich heraus, dass auf diesem Haus viele Hypotheken lasten. Die Banken (Gläubiger) konnten nicht zu einer Vereinbarung kommen, wie es weiter geht und jetzt kann man das Haus nur noch abreißen. Es ist eine Ruine. Die Hypotheken überstiegen mehrfach den Wert des Gutshauses. Heute gibt es in Kamnitz einen mittelständischen Holzverarbeitungsbetrieb. Der exportiert meistens nach Deutschland, vor allem Paletten. Die Schule in Kamnitz wird heute von einer Privatperson geleitet. Mit den Zuschüssen durch die Gemeinde Rummelsburg (Miastko) ist es ein Problem. Die Eltern von den Kindern wollen aber, dass diese Schule erhalten bleibt. Sie wird sogar von den Schülern (vor allem mit verschiedenen Behinderungen) aus Miastko besucht[1]

Zwei kräftige Bäche flossen durch Kamnitzer Gebiet. Von Süden entsprang aus dem Camminsee der Kamnitz-Bach, der durch den Ort floss. Er mündete nördlich des Dorfes in den Peierzig-Bach, der die westliche Grenze zur Landgemeinde Papenzin bildete. Der Peierzig. Bach mündete nördlich in die Stüdnitz. Östlich von Kamnitz und des Peierzigbachs Richtung Hanswalde (Lodder) erstreckte sich ein großes Waldgebiet,

 

 



Dorfplan Kamnitz
Ausschnitt aus dem Meßtischblatt 1:25.000 Nr. 1967 Rummelsburg
    © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

 


Wohnplätze: Altenmühle, Buchtal, Emilrode, Eselskaten, Hermannsruh, Johannental = Jankenhof, Liebenhof, Magdalenenhöhe, Rebow, Schmoldtenkaten, Seehaus, Waldwarte

Lage: Auf der topographischen Karte 1:25.000 Blatt Nr. 1967

Einwohner 1939: Zahl der Haushaltungen: 89
                              Gesamtbevölkerung: 587
Namen der Landwirte: Pinke, Janczikowski, Raddatz, Berg, Bartz, Gutzmann, Guske, W. Engelke, A. Engelke, Melchert, Berndt, Thrun, Peters, August Bartz, Albert Henning, Mutz, Friedrich Witt, Willi Engelke.
Letzter Förster: Koschmieder.
Im Güteradressbuch 1939 sind als Besitzer außer dem Gutsherrn aufgeführt: Otto Melchert mit 26 ha, Albert Peter mit 23 ha und Friedrich Witt mit 39 ha.

poln. Ortsname: Kamnica

Friedhof: Am Landweg Kamnitz – Alte Mühle, der in nordöstliche Richtung geht, ca. 350 m vom Ortsrand entfernt auf der linken Seite. Herbert Oldenburg führte als früheste Ruhestätte das Jahr 1856 (Todesdatum des Verstorbenen)  auf. Über den genauen Zustand des Friedhofs weiß der Autor nichts. Soweit bekannt, gibt es bis heute keine Gedenkstätte und keinen Gedenkstein. Auffindbar ist das Friedhofsgelände einfach, da sich hier heute inmitten größerer Felder ein Wäldchen befindet[2].


Historische Verwaltungseinteilung:

Kreis: Rummelsburg

Regierungsbezirk: Köslin

Amtsbezirk: Groß Volz

Standesamt: Groß Volz

Kirchspiel: Rummelsburg


Geschichtliches:
Das Dorf entstand nach dem Jahr 1543, als Hans von Lettow einen Ackerhof und einen Katen anlegte. Später begannen dann auch die von Massows hier zu siedeln. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ist neben der Wassermühle  auch eine Schmiede nachgewiesen. Ein Eisenhammer bestand nur für wenige Jahre. Im Zweiten Weltkrieg kam es in Kamnitz zu keinen nennenswerten Kampfhandlungen, zerstört wurden lediglich zwei Wirtschaftsgebäude des Guts. Am 28.2.1945 ging die Bevölkerung in einem gemeinsamen Treck mit Pferdewagen und Trecker auf die Flucht vor der sich nähernden Sowjetarmee, geführt durch Oberförster Koschmieder. 1. Tag: bis Treten, 2. Tag bis Zuckers, 3. Tag bis Krussen, 5. Tag bis Groß Garde, 6. Tag bis Schmolsin, wo er vormittags von der sowj. Armee überrollt wurde. Er wurde aufgelöst und alle nach Hause geschickt.

 


Ansichtskarte mit Schloß, Gutshaus, Forsthaus und Schule
Sammlung K.F. Schwirz


Ansichtskarte mit Herrenhaus, Forsthaus, Schule und Gasthof Willi Janczykowski
Sammlung K.F. Schwirz

 


Foto aus dem Jahr 1909. Geschrieben von B. Ramin,
der Ehefrau des früheren Gutsvbsitzers (1883 – 1914)
Sammlung K.F. Schwirz

 

 


 

Gut Kamnitz und dessen Besitzer:

 

Nach 1543 legte Hans  L e t t o w  einen Ackerhof und einen Katen an. Der Lettowsche Besitz spaltete sich und bestand bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Ein Teil ging an die Familie von  M a s s o w.

Kamnitz a , der Massowsche Anteil, blieb bis 1884 im Besitz des Geschlechts. Kamnitz b-d waren Lettowsche Lehen. 1778 wurde Leopold von  R e c k o w  Besitzer des gesamten Guts. Die Familie besaß das Gut bis 1863. Am 7.11.1863  verkaufte es Frau Major v. Reckow, geb. von Bonin  an Kaufmann Theodor  B e r t r a m  in Danzig, der es am 13.3.1869 an den Kaufmann August M o m b e r  in Danzig veräußerte.

Am 24.9.1883  ging Kamnitz in die Hände des Rittergutsbesitzers Albert  R a m i n  über, von dem es am 28.5.1914 die  P o m m e r s c h e   L a n d g e s e l l s c h a f t   in Stettin erwarb, um es zu besiedeln. Noch während des Krieges veräußerte diese das Gut am 31.5.1918 an Dr. jur. Jacob  H a ß l a c h e r  (genauer: Johann Jakob Emil Haßlacher) in Duisburg-Meiderich, den Vorstandsvorsitzenden und Generaldirektor der Rheinischen Stahlwerke AG und Reichstagsabgeordneten für die Deutschnationale Volkspartei, also Unternehmensleiter und Politiker (geb. 02.12.1869 in Saarbrücken). Dieser verstarb am  16.7.1940. Ob er Erben hatte, ist unbekannt.

 

 

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/6/6e/Ha%C3%9FlacherJohannJacob.jpg
Dr. jur. Jacob Haßlacher

 

Der Besitzer von Kamnitz zwischen 1918 und 1940 setzte als Verwalter für das Gut Dr. agr.  J ö r i s s e n  ein. Es ist nicht überliefert, ob er zeitweise auch in Kamnitz lebte.. Sollte ein Nachfahre von ihm diese Zeilen lesen, bittet der Autor um Kontaktaufnahme. Ebenfalls unbekannt ist, wer das Gutshaus in Kamnitz zwischen 1940 und 1945 bewohnte.

Im Gutspark standen 1990 noch zwei mächtige Hängebuchen. Dahinter eine Granitsteele in memoriam zweier Familienmitglieder, bei denen es sich um zwei Brüder gehandelt haben könnte.

 

Dem Güteradressbuch 1939 ist zu entnehmen, dass die Größe des Gutes 2.207 ha betrug, davon 1.272 ha Wald. An Viehbestand verfügte das Gut über 61 Pferde, 193 Rinder (davon 75 Kühe), 553 Schafe und 313 Schweine. Zum Rittergut gehörten die Abbauten Magdalenenhöh, Liebenhof und Peierzig.

 


 

 


Gedenkstele im Gutspark von Kamnitz. Foto vom 26.07.1990

Die in den Granitstein eingehauene Inschrift war damals noch gut zu lesen.


IN MEMORIAM
HEINRICH HASLACHER  LT  D. R. 
GEB. 4.9.1881, GEF.. 30.8.1916  IN  OSTAFRIKA
KARL HASLACHER  OBLT.. D. R. 
GEB. 6.4.1886, GEF.17.7.1918  IN  FRANKREICH
EXORIARE  ALIQUIS  NOSTRIS EX  OSSIBUR  ULTOR[3]
[Irgendwer wird als Rächer aus unseren Knochen erscheinen].


 

Kirchenbücher und Standesamtsunterlagen:
Kirchenbücher: siehe Rummelsburg
Personenstandsregister: siehe Groß Volz

Gräberliste (Herbert Oldenburg, 1934-1936):
Begerow geb. Heyer, Auguste * 15.3.1881, + 19.10.1909; Bellmann, August (Lehrer) * 30.8.1828, + 19.5.1884; Bellmann, Emma  * 17.9.1868, + 27.6.1872; Bergmann, Fritz  * 3.8.1876 (65 Jahre), Dobrunz, Johann *18.04.1835  + 02.03.1910; Dobrunz geb. Raddatz, Johanna  * 03.10.1841  + 02.01.1900; König geb. Dummer, Ernestine  * 18.02.1832  +  24.12.1894; Engelke geb. Rahn, Auguste  * 20.07.1855  + 09.12.1903; Engelke, Heinrich  * 11.11.1826  + 19.12.1908; Engelke, Hermann  * 03.11.1835  + 20.06.1904; Engelke, Julius  * 09.12.1854  * 13.07.1901; Engelke, Wilhelm* 07.07.1843  + 25.03.1909; Gietz, Karl * 19.09.1823  + 09.04.1900; Gustke geb. Frädrich, Emilie  * 14.02.1855  + 27.10.1894; Hapke, Johanna  * 01.05.1812  + 06.01.1884; Hinz, Karl  * 01.01.1805  + 22.02.1885; Kaun, Karl (Inspektor)  * 18.02.1826  + 19.02.1897; König, August  * 01.08.1822  + 14.02.1907; Lotzin geb. Lohroff  * 11.06.1854  + 25.04.1900; Lotzin, Hermann  * 10.12.1843  + 22.05.1900; Mann, Ludwig  * 21.11.1821  + 25.10.1905; Mietschke geb. Zupke, Henriette  * 14.08.1832  + 24.01.1907; Mietschke, Johann  * 15.03.1832  + 23.08.1898; Perlick, Wilhelm  * 15.11.1877 (49 Jahre); Ramlow, Carl  * 28.01.1850  + 24.02.2896; Schwolow, Johann  * 05.10.1782  + 05.11.1856; Spors geb. Buntlaff, Emilie  * 06.01.1857  + 23.03.1896; Teschke geb. Berg, Johanna  * 24.06.1838  + 16.04.1895; Teschke, Karl  * 14.10.1832  + 16.04.1895; Ueck geb. Wenzel, Ottilie (Pächterfrau)  * 26.11.1824  + 29.03.1902; Weck, August (Eigentümer)  *27.12.1865  + 23.02.1902; Wohlgemut geb. BAnsemer, Caroline  * 13.09.1826  + 08.10.1891; Ziesemer, Albertine  * 26.02.1882  + 27.3.1886; Ziesemer, Anna  * 28.11.1884  + 31.03.1886; Ziesemer, Mathilde  * 26.03.1879  + 22.03.1886.

Gefallene des 2. WK
: Karl und Wilhelm Schulz, Bruno Berg, Reinhold Thrun, Otto und Hermann Mietzschke, Willi und Herbert Engelke, Otto Muths, Willi Begerow, Willi Mielke, Karl und Walter Berg, Walter und Erich Melchert Zusammen sollen es 50 Gefallene gewesen sein.


 

Fotos von Kamnitz aus den letzten Jahren:





Das Gutshaus in  Kamnitz. Foto vom 26.07.1990


Das Gutshaus in Kamnitz war 1990 noch bewohnt


Rückseite. Foto vom 26.07.1990


Allee zwischen Groß Volz und Kamnitz am 12.08.2019

 


Die Kamnitzer Schule am 10.09.2002
Foto: Hans-Ulrich Kuchenbäcker

 


Gut Kamnitz am 12.08.2019


Gut Kamnitz am 15.05.2005


Gutshaus am am 16.06.2017


Gutshaus am 12.08.2019

 


Birkenallee von Kamnitz nach Papenzin am 12.08.2019

 

 

 

 

Alle Fotos: Jürgen Lux

 


 

Kartographische Übersicht über die historische Landgemeinde Kamnitz:
(mit Einzeichnung der Gemeindegrenzen sowie der Abbauten)

 

                                                                       

                  

                   

 

 

Dorfplan Kamnitz Nord – Mitte - Süd
Ausschnitt aus dem Meßtischblatt 1:25.000 Nr. 1967 Rummelsburg
    © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
Zum Vergrößern bitte auf die jeweilige Karte klicken

 

 

 

Dank gilt Herbert Kopelke, geb. 1920  (+) für die 1981 für den Heimatkreis Rummelsburg im Rahmen einer Fragebogenaktion gemachten Angaben über sein Heimatdorf und dem damaligen Initiator der Erhebung, dem heutigen Ehrenvorsitzenden des Heimatkreises Rummelsburg, Hans-Ulrich Kuchenbäcker.
Literatur:
Niekamers Landwirtschaftliches Güteradreßbuch, Band I Pommern, Leipzig 1939.
Der Kreis Rummelsburg. Ein Heimatbuch. Herausgegeben vom Kreisausschuß des Kreises Rummelsburg im Jahre 1938. Neu herausgegeben vom Heimatkreisausschuß Rummelsburg 1979. S. 168-169 Kamnitz.


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Erstellt von Jürgen Lux - Letzte Aktualisierung: 23.08.2020



[1] Dank gilt Waldemar Zwiewka, Miastko für die aktuellen Informationen vom 13.8.2020, den 2. Absatz unter „Allgemeines“ betreffend..

[2] In Google Earth überprüfbar.

[3] Exoriare aliquis nostris ex ossibur ultor bedeutet wörtlich übersetzt: irgendwer wird als Rächer aus unseren Knochen erscheinen (sich erheben, zum Vorschein kommen). Zitat aus Vergils Äneide IV, 625. Meyers Großes Konversationslexikon, Band 6, Leipzig 1906 übersetzt so: „Ein Rächer mög´ aus meinem Staub erstehen!“. Brockhaus, Kleines Konversationslexikon, Leipzig 1911 übersetzt so: „Ein Rächer wird aus meinem Staube erstehen“