Heimatkreis Rummelsburg in Pommern



Die Kirche in Beßwitz

Die Kirche wurde 1891 im neugotischen Stil erbaut[1], finanziert aus dem Vermögen der  Ehefrau des Oberst Ernst Wilhelm von Zitzewitz, Natalie (Nelly) geborene Simon von Salmuth. Von der „Frau Oberst“ wurde auch das sehr großzügige Pfarrhaus auf der anderen Straßenseite erbaut, obwohl die Kirche damals noch gar keine Pfarrstelle besaß. Der damalige Pfarrer musste stets von Wussow über den sogenannten „Priesterweg“ nach Beßwitz kommen.


Kirche in Beßwitz 2005. Foto: Jürgen Lux

Beßwitz gehörte bis 1912 zum Kirchspiel Wussow und zur Synode Schlawe. Das Kirchspiel bestand außer Beßwitz noch aus den Ortschaften Wussow, Varzin, Hammermühle, Techlipp (Filialkirche), Püstow, Misdow A und Wend. Puddiger[2]. Im Jahre 1894 wurde in Beßwitz ein Pfarrvikariat eingerichtet, das nicht lange bestand. Als Pfarrvikare waren tätig: 1. Malte Leo Franz Karitzky (1894-1896), er wurde Pfarrer in Starkow. 2. Gerhard Rudolf Wilhelm Robert  Friedemann, der am 27.9.1896 für diese Stelle ordiniert wurde.

Die Verhältnisse kurz vor der Jahrhundertwende werden folgender maßen beschrieben[3]:

„Kirche und Pfarrhaus waren gebaut, aber die Gründung einer Parochie dazu kam nicht vom Fleck. Die Verhandlungen mit der Muttergemeinde Wussow, von der Beßwitz mit Püstow und Techlipp zur selbständigen Parochie abgetrennt werden sollte, zogen sich in die Länge. Die staatlichen Faktoren zögerten, von ihrem Recht, den Knoten zu durchhauen, Gebrauch zu machen. Selbst die Drohung die Kirche, die Eigentum des Gutsherrn ist, zu schließen und dadurch das bis dahin hier eingerichtete Vikariat , das aber so niedrig dotiert war, dass es nicht leben und sterben konnte, unmöglich zu machen, half nichts. Endlich in den Jahren 1913 und 1914 wurde das Ziel erreicht. Das Gut Beßwitz übernahm die Patronatslasten für die ganze Parochie und die Unterhaltung der Kirche in Beßwitz allein. Die Kirche blieb Eigentum des Gutsherrn. Der neugegründeten Kirchengemeinde wurde durch grundbuchliche Eintragung ihre Benutzung sichergestellt. Der Staat übernahm die Dotation der Pfarre. So ist heute die kirchliche Versorgung der kleinen, aber weitverzweigten Gemeinde vollwertig gesichert.“

Die Pfarre wurde dann 1913 von der Gemeinde Wussow abgezweigt[4]. Sie hatte im 1. Weltkrieg und später unter häufigem Pfarrerwechsel zu leiden. Nelly von Zitzewitz ist also die Stifterin der Kirche. Seit 1920 gab es unter Leitung des Bahnhofsvorstehers Schmidt einen aus 12 jungen Männern bestehenden Beßwitzer Posaunenchor mit 12 Instrumenten, die der Gutsherr gestiftet hatte[5]. Außerdem leitete Lehrer Westphal seit 1919 einen Gesangsverein.

Zum evangelischen Kirchspiel Beßwitz im Kirchenkreis Schlawe gehörten bis zuletzt die Ortschaften Beßwitz, Püstow, Techlipp und die Wohnplätze Beßwitzer Glashütte, Dombrow, Eichhof, Johanneshof, Nackelhof,  Seehof und Vorwerk Techlipp[6].

Bemerkenswerterweise ist die Beßwitzer Kirche bei Julius Kohte: „Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Köslin, Band III (Kreis Rummelsburg u.a., 1934) nicht genannt.

Der kniende Engel, der jetzt (2016) im Vorraum als Weihwasserschale dient, war früher das Taufbecken und wurde von den Schwiegereltern des Franz von ZitzewitzPüstow, Wilhelm und Eva von Krause gestiftet, was auch auf der Rückseite des Sockels vermerkt ist: „Geschenk des Herrn Wilhelm von Krause und dessen Ehegattin Eva geb. Brämer 1891“. Ebenso ist eine Inschrift vorhanden, die auf den Hersteller des Puttenengels hinweist: „Geg. Martin  Piltzing, Berlin N“.



Kniender Taufengel (weitere Aufnahmen unter
Fotogalerie Beßwitz heute)
Foto: Jürgen Lux

Hinter der Kirche befinden sich die Grabsteine des Oberst Ernst von Zitzewitz (1835-1899) und seiner Frau geborene Nelly Simon von Salmuth sowie der Schwiegertochter Frida von Schönstedt (1877-1938) und des Rittmeister Karl-Eugen von Zitzewitz (1879-1941), Sohn des Oberst Ernst v. Zitzewitz. Weitere Grabsteine der Familie nicht mehr auffindbar bzw. wurden damals nicht aufgestellt: Für den Major Ernst von Zitzewitz, Herr auf Beßwitz und Seehof, Johannishof und Brotzen (1867-1940) sollte erst nach dem Krieg ein Denkmal aufgestellt werden, wozu es aber nicht mehr kam. Er ist jedoch ebenfalls auf dem kleinen Familienfriedhof bestattet.

Altar der Beßwitzer Kirche mit Kirchenfenstern
Historische Aufnahme, erhalten von A. v. Zitzewitz
Links: Petrus mit Schlüssel
Mitte: Jesus Christus
Rechts: Johannes mit Bücherrolle

 

Die Kirchenfenster 2005


Der Apostel Petrus


Jesus Christus


Der Apostel Johannes


Wappen v. Zitzewitz und v. Krause


Wappen v. Zitzewitz und v. Salmuth


Wappen v. Zitzewitz und v. Krockow

Im unteren Teil der Fenster sind die Wappen der angeheirateten Ehefrauen neben dem Zitzewitzschen Wappen (schwarz-weißer Doppeladler) zu sehen: Links „von Krause“, Mitte: von Salmuth und rechts von Krockow.

Die Kirche hat eine schön klingende
Orgel, die als Nr. 344 von dem bekannten Stettiner Orgelbauer Grüneberg hergestellt worden ist. Der Blasebalg der Orgel war ursprünglich handbetrieben. Der Dorfjugend machte es großen Spaß, diesen zu bedienen. Organist war in den 1920er und 1930er Jahren Lehrer Westphal, der dann aber aus der Kirche austrat und Ortsgruppenleiter wurde. Seit 1937 spielte die Orgel Fräulcin Leni Köster. genannt „Kösterlein“.


                   

Die damaligen Pfarrer wurden von dem Kirchenpatron Ernst von Zitzewitz berufen:

Name des Pfarrers[7]

Gewirkt von-bis

Vikar Malte Koritzky

1894 – 1896

Vikar Gerhard Friedemann

1896 - ?

Vikar Ruge

1900 - ?

Pastor Lietzau[8]

vor 1921 bis März 1924

Pastor Martin Wulf

1924 – Sommer 1931 (ist verstorben)

Vikar Friedemann

zusammen mit Pastor Wulf

Pastor Wohlfahrt

Weihnachten 1931 bis September 1936

Vikar N.N.

aus Wussow abgestellt

Vikar N.N.

aus Wussow abgestellt

Vikar N.N.

aus Wussow abgestellt

Vikar N.N.

aus Wussow abgestellt

Pastor Schumann

Sommer 1937 – Oktober 1938

Pastor Knieß[9]

ab 1939

Pastor Schimmelpfennig

unbekannt, wann er gewirkt hat

Bernhard Gensch

Herbst 1941 - 1946

Die einzig verbliebene Kirchenglocke hat folgende Inschrift:

Vorderseite: 1914 – 1918. Gott zur Ehr, uns zur Wehr. Der Kirche in Beßwitz, gewidmet von ihrem Patron Ernst von Zitzewitz zum 16. August 1921/29.
Rückseite: Helene von Zitzewitz[10]. Gegossen von D. Voss Stettin No. 3425.

Ursprünglich verfügte die Kirche über drei Glocken. Die große nannte die Familie v. Zitzewitz „Helene[11]“ (die ist bis heute erhalten). Die mittlere hieß „Carola“ und die kleine „Elise“, benannt nach den drei Töchtern des Majors Ernst von Zitzewitz. Im Krieg mussten die beiden kleineren Glocken wie in anderen Kirchspielen auch, abgegeben werden.



Foto: Andreas von Zitzewitz

Nach der Eroberung Hinterpommerns durch die Rote Armee 1945 und unter dann eingerichteten polnischen Verwaltung blieb die zur Parochie Beßwitz gehörende Kirche in Techlipp evangelisch. Die Kirche in Beßwitz aber wurde katholische polnische Parochie (Parafia pw. Św. Andrzeja Boboli w Biesowice/Parochie Hl. Andreas Bobola in Beßwitz) im Bistum Köslin-Kolberg.

Das alte Pfarrhaus in Beßwitz, aus rotem Backstein wie die Kirche, wurde zum Wohnhaus umgebaut und steht heute noch. Unweit der Kirche wurde ein neues Pfarrhaus errichtet. Im Vorgarten steht eine Jesusfigur, die ursprünglich vom Püstower Friedhof stammt.
Im Jahre 2010 wurden an der Beßwitzer Kirche umfangreiche Renovierungs- und Reparaturmaßnahmen durchgeführt. Es hatte sich dabei gehandelt um: das teilweise Auswechseln der Fenster, die Kupfer-Eindeckung des Daches und die Erneuerung der Regenabläufe. Leider hatte die Orgel durch Feuchtigkeit während des Auswecjhselns der Fenster etwas Schaden genommen. Auf Anregung des inzwischen versetzten Pfarrers wurde von Andreas v. Zitzewitz eine Tafel mit der Darstellung der Geschichte der Kirche erarbeitet und in den Sprachen Deutsch, Polnisch und Englisch gestaltet. Sie wurde durch ihn am 10. September 2010 an den neuen Pfarrer übergeben und im Eingangsbereich der Kirche angebracht[12].



Der segnende Christus.
Kopie einer Skulptur des dänischen Bildhauers Thorvaldsen
im Vorgarten des Pfarrhauses in Beßwitz.
Foto: Jürgen Lux


Es folgt eine Auflistung der kath. Pfarrer von Beßwitz seit 1947.

ks. Edward Korecki

1947 – 1966

ks. Marian Wojnicki

1966 – 1971

ks. Zygfryd Strokosz

1971 – 1982

ks. Wiktor Skóra

1982 – 1985

ks. Ryszard Pawlukowski

1985 – 1997

ks. Anatol Wołoszyn

1997 - 2010

ks. Bogdan Wójcik

2010 bis heute


[Home]  [Geschichte] [Aktuelles] [Gemeinden] [Literatur] [Karten] [Genealogie] [Links]



Erstellt von Jürgen Lux - Letzte Aktualisierung: 10.10.2016



[1] Andreas von Zitzewitz: Die Kirche in Beßwitz. In: Rummelsburger Land, Vierteljahresschrift des Heimatkreises Rummelsburg e.V., 1. Vj, 2011, S. 12-15

[2] Ernst Müller: Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. II. Teil: Der Regierungsbezirk Köslin, Stettin 1912. Seite 448-450: Wussow, Synode Schlawe.

[3] Kriegerdenkmalsweihe in Beßwitz am 19.September 1924. Festschrift, Seite 12

[4] Arno Wichmann: Von Pfarrern und Pastoren. In:  Der Kreis Rummelsburg. Ein Heimatbuch. Herausgegeben vom Kreisausschuß des Kerises Rummelsburg im Jahre 1938. Neu herausgegeben vom Heimatkreisausschuß Rummelsburg 1979, Seite 556 (Beßwitz).

[5] Kriegerdenkmalsweihe in Beßwitz am 19.September 1924. Festschrift, Seite 4.

[6] Atlas der Kirchenprovinz Pommern 1931. Nach der von Hans Christel Glaeser erarbeiteten Karte der Kirchenprovinz Pommern neu herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für Pommersche Kirchengeschichte mit einer Einführung von Norbert Buske, Thomas Helms Verlag, Schwerin, S. 82

[7] Andreas von Zitzewitz: Die Kirche in Beßwitz. In: Rummelsburger Land, Vierteljahresschrift des Heimatkreises Rummelsburg e.V., 1. Vj, 2011, S. 12-15

[8] Pastor Lietzau. Pastor Wulf, Pastor Wohlfahrt und Pastor Schumann wurden in einem Brief von Frau Dr. Stoevesandt an Martin Gensch vom 3.9.1998 genannt.

[9] Nach Angabe von Pastor Martin Gensch in einem Brief an Frau Dr. Stoevesandt.

[10] Helene von Zitzewitz war die älteste Tochter des Patrons (1899 – 1932). Verh. mit Albrecht Fr.hr. Knigge.

[11] Nach mündlicher Überlieferung, die der 2003 verstorbene Friedrich Knigge seinen Kindern hinterließ. Existiert als Film auf CD.

[12] siehe Rummelsburger Land, 17. Jahrgang, 4. Vierteljahr 2010, S. 16